«SRG.Diskutiert»-Talk in Nottwil: Der Sport schreibt die Geschichten, die SRG macht sie für alle sichtbar
Ob Gänsehaut-Momente bei Olympia, Jubel im Fussball oder Einblicke in Randsportarten: Sport verbindet, schafft Identität und begeistert – aber nur, wenn wir ihn sehen und hören können. Genau das leistet die SRG als Service public: Sie bietet Vielfalt, Qualität und Sichtbarkeit für grosse und kleine Sportarten. Warum das für Gesellschaft, Nachwuchs und Zusammenhalt entscheidend ist, wurde am «SRG.Diskutiert»-Talk vom 3. Dezember 2025, im Schweizer Paraplegiker Zentrum in Nottwil, besprochen.
Schweizer Paraplegiker Zentrum in Nottwil als Gastgeber
Schweizer Paraplegiker Zentrum in Nottwil als Gastgeber
Die Veranstaltung «SRG.Diskutiert: Faszination Olympia – ein Luxusgut für die SRG?» fand bewusst im Schweizer Paraplegiker Zentrum (SPZ) in Nottwil statt. Einem Ort, der für sportliche Höchstleistungen im Parasport steht und weit über die Zentralschweiz hinausstrahlt. So begann der Abend auch mit einer Führung durch das SPZ. Nadia Dell'Oro, von allen «Giordi» genannt, die selbst Paraplegikerin ist, erzählte dabei offen von ihrer Lebensgeschichte und gab einen direkten Einblick in eine Realität, mit der viele Menschen kaum Berührung haben. Die Führung zeigte die Arbeit des SPZ und die Bedeutung von Unterstützung, Reha und langfristiger Begleitung für Menschen mit Paraplegie. Sie machte sichtbar, wie zentral Teilhabe und Sichtbarkeit für Betroffene sind und leitete über zur anschliessenden Diskussion über den medialen Service public in der Sportberichterstattung.
Talkgäste und Moderation
Talkgäste und Moderation
Talkgäste:
- Jean Brogle – ehemaliger Rechtskonsulent Sports, Media & Business Affairs sowie stellvertretender Leiter der Business Unit Sport bei SRG SSR und heute als selbständiger Rechtsanwalt/Berater im Sport-, Medien- und Corporate-Bereich tätig
- Lenka Kölliker – ehemalige Spitzensportlerin und heutige Präsidentin von Swiss Curling. Direktorin Risk Management, Stiftungsrätin, Präsidentin der FDP Worb und Gemeinderätin.
- Christoph Kunz – ehemaliger Profi-Parasportler (Monoski), zweifacher Paralympics Sieger (Abfahrt und Riesenslalom), heute Teamleiter bei der Berner Kantonalbank und Co-Kommentator Parasport beim SRF
- Roland Mägerle – Leiter SRF Sport / Leiter Business Unit Sport SRG SSR
- Susy Schär – Sportförderin, verschiedene Sportmandate u.a. Vizepräsidentin Stiftung Sportförderung Schweiz, Vorstand Weltklasse Zürich und Ethikrat Swiss Athletics. 33 Jahre in div. Funktionen bei SRF: u.a. erste Mediensportchefin der Schweiz
- Roger Schnegg – ehemaliger Spitzenvolleyballspieler und heutiger Direktor von Swiss Olympic
Moderation:
- Michèle Schönbächler – Co-Leiterin von Radio SRF 1 und SRF Musikwelle, mit langjähriger Erfahrung im Sportjournalismus und in der Moderation von Live-Sport-Sendungen und Gesprächsformaten.
Gänsehaut, Luft anhalten, jubeln: Sport prägt unsere Gesellschaft und schafft Identität – aber nur, wenn wir ihn auch zu sehen und hören bekommen. Das leistet die SRG in einer grossen Diversität und Qualität über 100 Sportarten hinweg. Sie schafft damit eine der wichtigsten Bühnen – nicht nur für die grossen Sportarten. Die Frage, welche Rolle der mediale Service public im Sport spielt, um die kleinen und grossen Sport-Momente überhaupt sichtbar zu machen, stand im Zentrum des «SRG.Diskutiert»-Talks vom 3. Dezember. Michèle Schönbächler (Co-Leiterin von Radio SRF 1 und SRF Musikwelle und erfahrene Sportkommentatorin) moderierte den Talk und führte mit feinem Humor durch den Abend.
Was der Sport für die SRG bedeutet, zeigte Roland Mägerle (Leiter SRF Sport / Leiter Business Unit Sport SRG SSR) auf: Der Sport erhält rund 12 Prozent des gesamten SRG-Budgets, erzielt damit aber rund 25 Prozent der Gesamtwirkung. Mit den Olympischen Spielen 2024 in Paris beispielsweise erreichte allein SRF einen Marktanteil von fast 32 Prozent. Das heisst: Jede dritte Person, die in der Deutschschweiz während der 17 Olympiatage den Fernseher einschaltete, konsumierte dieses Angebot. Sportevents sind beim Publikum beliebt und ein wichtiger Teil des medialen Service public – für Reichweite, Identifikation, Zusammenhalt und gemeinsame Momente.
Diese Wirkung entsteht allerdings nicht ohne Aufwand. Um grosse Ereignisse in der erwarteten Qualität übertragen zu können, braucht es Ressourcen in Form von Personal und Produktionsmitteln. Gleichzeitig wurden die Abläufe in den letzten Dekaden effizienter: Vor 20 Jahren waren an Olympischen Spielen noch ca. 240 Mitarbeitende der SRG vor Ort, heute sind es etwa 150. Was möglich ist, wird remote in der Schweiz produziert. Vor Ort arbeiten nur diejenigen Personen, deren Aufgaben zwingend am Austragungsort stattfinden müssen.
Susy Schär (u.a. Vizepräsidentin Stiftung Sportförderung Schweiz und erste Sportmedienchefin der Schweiz) erinnerte sich daran, wie nah sie früher als Sportjournalistin am Geschehen war. «Ich bin damals noch selbst die Piste abgefahren. Ich wusste genau, wie der Schnee ist und wie die Menschen vor Ort drauf sind.» Diese Nähe ist heute seltener. Dennoch bleibt die journalistische Präsenz vor Ort wichtig für Live-Momente ebenso wie für Einordnung, Hintergründe und Orientierung.
Daran knüpfte Lenka Kölliker (ehemalige Spitzensportlerin und heutige Präsidentin von Swiss Curling) an. Sie betonte, wie entscheidend diese Einordnungen auch für die Sichtbarkeit der Athletinnen und Athleten von Randsportarten sind. Sichtbarkeit entsteht nicht nur auf der Piste oder dem Spielfeld, sondern ebenso durch Einblicke in die Momente vor und nach den Wettkämpfen. Das ist zentral für den Nachwuchs: Dadurch entstehen Vorbilder und die gesellschaftliche Wirkung. Die Sichtbarkeit in den Medien beeinflusst direkt, wofür sich die Bevölkerung begeistert. Curling zeigt das jedes Jahr aufs Neue: Sobald die Sportart in den Medien präsent ist, wächst das Interesse spürbar. Sie sagt: «Für mich ist fast das Wichtigste an unserer Arbeit, dass möglichst grosse Teile der Bevölkerung den Weg zum Sport finden.»
Die Rolle der vertiefenden Einordnungen hat auch das Publikum beschäftigt: Auf die Publikumsfrage, ob die langen Expert:innengespräche wirklich nötig seien, reagierte Roland Mägerle klar: Ja. Viele Menschen schätzten diese Einordnungen sehr. Zugleich seien die Vorlieben unterschiedlich. «Die einen wollen diese Expertin unbedingt behalten und jenen Experten ersetzen, andere wollen genau das Gegenteil.» Dieser Spannungsraum zeigt, wie breit die Bedürfnisse im Publikum sind und dass eine seriöse Einordnung Teil des Auftrags bleibt.
Jean Brogle (Rechtsanwalt und Sport-/Medienberater) vertrat die Sicht, dass Sportübertragungen – von internationalen Events wie Olympia oder Formel 1 bis zu populären (inter-)nationalen Sportarten wie Fussball und Eishockey – nicht zwingend exklusiv durch die SRG erfolgen müssen. Angesichts veränderter Rahmenbedingungen (mehr Events, weniger Ressourcen, neues Mediennutzungsverhalten, neue Plattformen) und des in der SRG-Konzession verankerten Kooperationsprinzips plädiert er für echte Partnerschaften mit privaten Medienhäusern, bevor die Politik verbindliche Regeln erlässt – im Sinne einer «kooperativen Konkurrenz». Roland Mägerle ergänzte, dass die SRG solche Partnerschaften seit Jahren aktiv anstrebt und eingeht, das Interesse der Privaten jedoch oft auch limitiert sei. Viele Sportarten und Ereignisse seien nicht kommerzialisierbar und damit für private Anbieter nicht attraktiv genug. Roger Schnegg (Direktor von Swiss Olympic) berichtet von ähnlichen Erfahrungen: Die privaten Medienhäuser seien maximal an einer Handvoll hochkommerzialisierten Sportarten interessiert und hätten an anderen Sportarten kein grosses Interesse. Die Annahme der Halbierungsinitiative stelle aus seiner Sicht hier ein grosses Problem für die internationalen Sportveranstaltungen, die in der Schweiz durchgeführt werden, dar. Hier zeige sich der Kern des Service-public-Auftrags: Er ermöglicht, was der Markt nicht von sich heraus bereitstellt.
Ein Beispiel dafür ist auch der Parasport. Christoph Kunz (ehemaliger Profi-Parasportler, zweifacher Paralympics Sieger heute u.a. SRF-Parasport-Experte) erklärte, wie entscheidend die Sichtbarkeit rund um seine Goldmedaillen-Gewinne an den Paralympics für seine Karriere war und dass er dank dieser Aufmerksamkeit fünf Jahre lang als Profi leben konnte. Diese Sichtbarkeit führe dazu, dass Sponsoren auf Para-Athletinnen und Para-Athleten aufmerksam werden und Investitionen in Training und Material ermöglichen. Dies trägt direkt zur sportlichen Weiterentwicklung bei. Die Professionalisierung des Parasports sei in den letzten Jahren deutlich vorangeschritten, stehe aber noch am Anfang. Roger Schnegg ergänzte, dass genau diese Professionalisierung ein zentraler Motor sei: Je professioneller eine Disziplin werde, desto attraktiver werde sie für das Publikum. Dadurch verbesserten sich die Bedingungen für die Athletinnen und Athleten weiter, was die Attraktivität nochmals steigere. Damit setzt sich die Entwicklung selbst weiter in Gang. Für Christoph Kunz ist aber entscheidend, dass der Parasport nicht nur während der Paralympics oder der Special Olympics sichtbar ist, sondern regelmässig im regulären Sportprogramm vorkommt – und er macht deutlich: «Ich möchte in erster Linie als Athlet sichtbar sein, nicht als Person mit einer Einschränkung.»
Roger Schnegg brachte eine weitere Perspektive ein, in Hinblick auf die Kandidatur der Schweiz für die Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2038: Für ihn zählt auch der langfristige Nutzen von Sportgrossereignissen. Es ginge bei Olympischen Spielen nicht nur darum, «ein grosses Sportfest» für zweieinhalb Wochen auf die Beine zu stellen, sondern auch um das, was danach bleibt: Was kann eine Gesellschaft dank solcher Grossanlässe anstossen – sportlich, wirtschaftlich, touristisch und darüber hinaus? Solche Ereignisse schaffen Aufmerksamkeit, Infrastruktur und Kooperationen, die weit über den Event selbst hinauswirken.
Der Abend zeigte deutlich, dass Grossereignisse wie Olympia für die SRG kein Luxusgut sind, sondern ein Kernstück des medialen Service public. Sie verbinden das Land, schaffen gemeinsame Erfahrungen, stärken die Vielfalt des Sports und ermöglichen Sichtbarkeit auch dort, wo der Markt sie nicht finanzieren würde. Susy Schär fasst ihre Sicht darauf pointiert zusammen: «Die SRG ist für den Schweizer Sport existenziell, denn sie garantiert grossen und vor allem auch kleinen Sportarten Sichtbarkeit. Ohne Sichtbarkeit keine Sponsoren, keine Wettkämpfe, keine Vorbilder und kein Nachwuchs. Darum müssen wir die Halbierungs-Initiative am 8. März zwingend ablehnen.».
Beim anschliessenden Apéro, der Gelegenheit zum Austausch bot, wurden viele dieser Gedanken weiter vertieft.
Auf dem Foto zu sehen: v.l.n.r.: Roland Mägerle, Christoph Kunz, Susy Schär, Lenka Kölliker, Roger Schnegg, Jean Brogle und Michèle Schönbächler am Sport-Talk der SRG Zentralschweiz in Nottwil. Copyright: SRG Zentralschweiz
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