«Das Regionaljournal Zentralschweiz darf kritischer sein.»
Die SRG Zentralschweiz hat zusammen mit Kantonsparlamentarier*innen, Studierenden der Universität Luzern und einem lokalen Politologen die Berichterstattung des Regionaljournals Zentralschweiz im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen im Herbst 2019 beobachtet und beurteilt. Die Beobachtenden loben die Arbeit des Regionaljournals einerseits und wünschen sich andererseits eine kritischere Berichterstattung.
Die eidgenössischen Wahlen waren das Polit- und Medienereignis des letzten Jahres. Das Regionaljournal Zentralschweiz von SRF berichtete vor, während und nach den eidgenössischen Wahlen intensiv über die Wahlgänge in den sechs Zentralschweizer Kantonen. Da gerade bei Wahlen die Qualität der Berichterstattung von höchster Bedeutung ist, nahm die SRG Zentralschweiz die Arbeit der Zentralschweizer Programmschaffenden unter die Lupe.
Politik und Wissenschaft beobachteten mit
Um die Berichterstattung des Regionaljournals Zentralschweiz möglichst breit und aus unterschiedlichen Blickwinkeln beurteilen zu können, holte sich die SRG Zentralschweiz Unterstützung aus Politik und Wissenschaft. Neben SRG-Mitgliedern bewerteten der Urner Politologe Tobias Arnold, drei Studierende der Universität Luzern sowie acht Politikerinnen und Politiker die Vorwahlberichterstattung des Regionaljournals Zentralschweiz zu den Kantonen Luzern, Schwyz, Uri und Zug. «Wir haben es geschafft, Politikerinnen und Politiker aller relevanten Zentralschweizer Parteien ins Boot zu holen. Das ist nicht selbstverständlich und verleiht der Beobachtung Gewicht.», erklärt Olivier Dolder, Leiter der Programmbeobachtung. Teilgenommen haben die Kantons- und Landratsmitglieder Mathias Bachmann (CVP Schwyz), Esther Haas (ALG Zug), Adriano Prandi (SP Uri), Georg Simmen (FDP Uri) und Yvonne Zemp (SP Luzern), die Nationalratskandidierenden Sussi Hodel (FDP Zug) und Pascal Meyer (GLP Luzern) sowie Ueli Brügger, ehemaliger Präsident der SVP Einsiedeln.
Alle Beobachterinnen und Beobachter hörten sich die Beiträge des Regionaljournals individuell an und beurteilten mit einem einheitlichen Bewertungsbogen. An zwei Abenden diskutierten die Beobachtenden Ihre Befunde untereinander sowie mit Karin Portmann und Thomas Heeb, Leiterin bzw. stellvertretender Leiter des Regionaljournals Zentralschweiz.
Das Regionaljournal Zentralschweiz arbeitet hervorragend
Die Beobachterinnen und Beobachter waren sich einig: Das Regionaljournal Zentralschweiz leistet hervorragende Arbeit. Es berichtet sachlich, fundiert, abwechslungsreich und ausgewogen. Die Moderatorinnen und Moderatoren sind kompetent, die Berichte von hoher Qualität. Die Beobachtenden würdigten die Leistungen des Regionaljournals Zentralschweiz, gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Redaktion über sechs Kantone zu berichten hat. Die Beobachtenden verstanden denn auch, dass für die einzelnen Kantone nur begrenzte Sendezeit zur Verfügung steht. Verschiedene Beobachtende würden sich daher wünschen, dass online zusätzliche Beiträge angehört werden können. Eine Person regte beispielsweise an, die ausführlichen Gespräche mit den Kandidierenden, welche Grundlage für verschiedene Berichte waren, ungeschnitten im Web zu publizieren.
Viel Lob von den Programmbeobachterinnen und Programmbeobachtern gab es insbesondere auch für die Portraits der Kandidatinnen und Kandidaten. Sie wurden als unterhaltsam, kurzweilig und informativ wahrgenommen. Besonders gefallen habe jene Portraits, die musikalisch untermalt gewesen waren. Die Charaktere der Kandidierenden hätten den Zuhörerinnen und Zuhörern so noch besser vermittelt werden können.
In der Kritik: Themenbezogene Berichterstattung
Anlass zu Diskussionen unter den Beobachtenden gab zum einen der Fokus des Regionaljournals auf die Ständeratswahlen. Karin Portmann, Leiterin des Regionaljournals, erklärte dem Beobachtungsteam schliesslich, dass der Ständeratsfokus eine Vorgabe der SRF-Chefredaktion war. Da in den Kantonen Uri, Nidwalden und Obwalden die Ständeratswahlen reine Formsache waren, konzentrierte sich die Redaktion auf den Nationalrat, wo ein spannender Wahlkampf erwartet wurde.
Zum anderen führte die themenbezogene Berichterstattung zu Diskussionen. Zwar begrüssten alle Beobachtenden, dass das Regionaljournal pro Kanton ein bis zwei politische Themen wählte, welche als Grundlage dienten, um die Ständeratskandidierenden vorzustellen. Im Kanton Schwyz mussten sich die Kandidierenden für den Ständerat beispielsweise zu den Schwyzer Spitälern oder dem Bundesasylzentrum Wintersried äussern. So positionierten die Kandidierenden sich, und die Hörerinnen und Hörer konnten die Positionen der Kandidierenden zu konkreten Sachthemen vergleichen. Allerdings fanden nicht alle Programmbeobachterinnen und Programmbeobachter die Themenwahl für alle Kantone gelungen. Während das Urner Thema Klimawandel überzeugte, wurden das Luzerner Thema Fluglärm oder Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen», zu welcher sich die Zuger Kandidierenden äusseren mussten, teilweise kritisiert. Gewisse Personen hätten sich auch Themen gewünscht, welche die eidgenössischen Räte in der neuen Legislatur behandeln werden.
Ebenfalls kritisch beurteilte eine Mehrheit der Programmbeobachtenden, dass in den grösseren Kantonen zwei Themen ausgewählt wurden. So wurde die eine Hälfte der Kandidierenden zum einen und die andere Hälfte der Kandidierenden zum anderen Themen befragt. Dies führte dazu, dass die Hörerinnen und Hörer nicht mehr die Positionen aller Kandidatinnen und Kandidaten vergleichen konnten. Kommt hinzu, dass die Positionen einer Kandidatin oder eines Kandidaten zum jeweilig anderen Thema ebenfalls von Interesse gewesen wäre.
Sind die Journalistinnen und Journalisten zu wenig hartnäckig?
Die Programmbeobachtenden hätten sich gewünscht, dass die Journalistinnen und Journalisten den Kandidierenden stärker auf den Zahn gefühlt hätten. Die Beobachtenden sind der Ansicht, dass Politprofis – wie die Ständeratskandidierenden – mit Nachfragen herausgefordert werden dürfen.
«Wir werden hartnäckiger sein und intensiver fragen.»
Trotz den kritischen Anmerkungen fällt das Gesamtfazit der zwei Beobachtergruppen positiv aus. Olivier Dolder, Leiter der Programmbeobachtung, fasst die Resultate wie folgt zusammen: «Das Regionaljournal Zentralschweiz machte einen super Job. Unsere Region wurde exzellent zu den Wahlen informiert. Künftig darf die Redaktion kritischer sein».
Gefreut über das positive Feedback der SRG Zentralschweiz hat sich die Leiterin des Regionaljournals Zentralschweiz, Karin Portmann: «Wir haben für die eidgenössischen Wahlen alle sehr viel gearbeitet. Da erfüllt es mich mit Zufriedenheit, wenn unsere Arbeit geschätzt wird.» Viel wichtiger für die Programmschaffenden seien aber die Kritikpunkte und die Diskussionen mit den Beobachterinnen und Beobachtern. «Nur wenn wir zuhören, können wir uns stetig verbessern», erklärt Portmann und äussert sich bereits zu den nächsten Wahlen: «Wir werden hartnäckiger sein, intensiver fragen und bei «Gummiaussagen» nachhaken.»
Programmbeobachtung der SRG Zentralschweiz
Die SRG Zentralschweiz beobachtet mehrmals jährlich Fernseh-, Radio- oder Online-Produktionen von SRF aus der und über die Zentralschweiz. Konzipiert und durchgeführt werden die Beobachtungen von den Mitgliedern des Ressorts Inhalt. Mindestens bei einer Beobachtung im Jahr werden externe Personen eingebunden. SRG-Mitglieder können Beobachtungsthemen vorschlagen und bei laufenden Beobachtungen eigene Befunde per E-Mail mitteilen. Die Resultate der Beobachtungen sind öffentlich. Weitere Informationen, die nächsten Programmbeobachtungen und die Mitmachmöglichkeiten lesen Sie auf der Webseite der Programmbeobachtung.
Der Film stammt von Simon Schmalz. Er ist geboren und aufgewachsen im St. Galler Rheintal, studiert im dritten Semester Video im Bereich Dokumentar-, Essay- und Experimentalfilm an der Hochschule Luzern – Design & Kunst und realisiert neben dem Studium verschiedene Filmprojekte für Auftraggeberinnen und Auftraggeber. Copyright: SRG Zentralschweiz
Das Bild zeigt eine der beiden Programmbeobachtungsgruppen beim Diskutieren im Sitzungszimmer der SRG Zentralschweiz im Dezember 2019. Copyright: SRG Zentralschweiz
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